Waldkirchen | Vor knapp 2 Jahren ging das Christophorus Haus (CH) in Waldkirchen zur Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen an den Start. Die Einrichtung läuft seit Anbeginn in Trägerschaft des Caritasverbandes FRG. Zwischenzeitlich vergrößerten sich auch die Aufgaben für die Jugendhilfeeinrichtung: Von einer ausschließlichen zeitlich befristeten Clearingstelle, jetzt auch zum dauerhaften Verbleib (bis zum 18. Geburtstag) in Betreuungsgruppen.
11 Studenten der Universität Passau untersuchten dabei die Einrichtung empirisch (Studiengang: Caritas Wissenschaften, Praxiseinheit zum Sommerseminar von Dozent Dr. Franz Lummer). In offenen Fragestellungen wurden dabei die Mitarbeiter des CH zu ihren Einschätzungen interviewt: Aufgaben, Prozesse, aber auch Kompetenzen- und Krisenmanagement "Eine super Gelegenheit für uns. Der Aufwand hat sich für uns absolut gelohnt", freute sich die stellv. Vorsitzende Irene Hilz. "Wurden doch nicht nur die überwiegend positiven Entwicklungen der vergangenen 24 Monate dokumentiert, sondern auch Optimierungsmöglichkeiten klar herausgearbeitet: Beispielsweise bei der öffentlichen Hand. Grundsätzlich ist hervorragende konzeptionelle Vorarbeit geleistet worden."
Gerade in der Umsetzung bei Regelbrüchen wünschten sich die Mitarbeiter in der Einrichtung klare Ablauf-Vorgaben. Augenmerk sollte hier besonders auf die Mentalitäten der unterschiedlichen Herkunftsländer gerichtet werden. "Es wäre spannend, diese klaren Wahrnehmungen mit Ergebnissen in anderer gleichartigen Einrichtungen zu vergleichen", schlussfolgerte Holger Schiffers, der die Resultate dem Plenum aus Verbands-, Einrichtungsleitung und den Mitarbeitern des Kreis-Caritasverbandes Freyung-Grafenau (KCV) präsentierte. "Ob sich auch dort diese Wahrnehmungen so klar formulieren würden."
Doch nicht nur die faktischen Strukturen und Abläufe in der tagtäglichen Arbeit wurden wissenschaftlich unter die Lupe genommen. Auch der Bedeutung im Zusammenwirken von Kirche und Sozialarbeit wurde ein besonderes Augenmerk zugewiesen. Hier attestierten die Studenten der Caritaswissenschaften dem CCH eher eine mangelnde Mitarbeiter-Identifizierung mit der katholischen Kirche. Dagegen war die Verbindung zur "Marke Caritas" mehrheitlich von den "CHlern" positiv befunden worden. In diesem Zusammenhang wurde auch schon einmal das eigene Wirken, mit dem Evangelium und der christlichen Nächstenliebe in Verbindung gebracht.
Im CH tritt das Profil als katholisches Haus wenig in Augenschein - gerade auch für die Jungs. Auch die Schwierigkeit von emotionaler Nähe und professioneller Distanz in der Betreuung der jungen Menschen wurde oft als Spannungsfeld von den einzelnen Angestellten formuliert. "Es gilt nicht nur in der Altenpflege, sondern auch bei der Sozialarbeit mit Jugendlichen: Es gibt keinen ‚katholischen‘ Katheter-Wechsel, sondern nur einen richtigen oder falschen", beurteilte Geschäftsführer Josef Bauer die Ergebnisse zu diesem Themenkomplex. "Es gilt auch hier die Standards - im Dilemma von Emotionalität und Professionalität - fachlich und nachhaltig zu wahren!" Die CH-Mitarbeiter antworteten zudem in der Befragung, dass sie nicht zwangsläufig auf positives Interesse und Unterstützung im persönlichen Umfeld - in Familie oder Freundeskreis - zählen könnten: Die vielen Nennungen von negativen Reaktionen in Familie & Co stimmten da durchwegs nachdenklich.
Der Wunsch nach Supervision und Hilfestellung - gerade bei der Begleitung von traumatisierten Kindern - wurde häufig angeführt; Auch nach fortlaufenden interkulturellen Schulungseinheiten. "Für mich sind die vorgestellten Ergebnisse", fasste die stellv. KCV-Geschäftsführerin Alexandra Aulinger - Lorenz zusammen, "wie ein Blick in den eigenen Spiegel: Wie ich auf natürlichem Wege ‚Unreinheiten‘ ausgleichen und damit kurieren kann."
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- cmg
Bildunterschriften (von oben):
Foto 1:
An 2 Wochenenden wurden die Mitarbeiter des Christophorus Haus (CH) in Waldkirchen über ihrer Erfahrung der letzten 2 Jahre befragt von seinen Studenten befragt: Mit dem Praxisteil des Sommer-Seminars beendete Dozent Dr. Franz Lummer nach 17 Jahren auch seine Lehrtätigkeit an der Universität Passau. Foto: Leiterin des Christophorus Hauses, Irmgard Tschiggfrei, Dozent Dr. Lummer, stellv. Geschäftsführerin der Kreiscaritas FRG, Alexandra Aulinger - Lorenz und Astrid Rohrhofer (Pädagogische Leitung CH).
Foto 2 + 3:
29 Mitarbeiter des CCHs wurden in 2 Block-Interviewterminen zu ihrer Arbeit, zu Schwierigkeiten und persönlicher Einschätzung befragt. Eine Optimale Ausgangssituation für die Verbandsebene in der noch "jungen" Jugendhilfeeinrichtung nach zu justieren.
Foto 4:
11 Studenten der Passauer "Caritaswissenschaften" präsentierten dem Kreis-Caritasverband Freyung-Grafenau e.V. - Management und Mitarbeitern die Befragungsergebnisse. In der 1. Reihe v. li.: Geschäftsführer Josef Bauer, seine Stellvertreterin, Alexandra Aulinger-Lorenz und die stellv. Vorsitzende des Caritasverbandes FRG, Irene Hilz.